Titelbild Marktflecken Villmar

Baubeginn an der Kläranlage Niederbrechen – 27 Millionen Euro – Rund vier Jahre Bauzeit

Sanierung, Neubau, Faulgasgewinnung – Die Ertüchtigung der Anlage hat begonnen

Niederbrechen/Goldener Grund. Fast 40 Jahre nach der Grundsteinlegung am 12.12.1980 steht die Kläranlage in Niederbrechen vor ihrer größten Umbaumaßnahme. Höhere Anforderungen an die Reinigungsleistung für den Parameter Phosphat, die Kapazitätserweiterung, Sanierung vorhandener Betonbauwerke sowie die Erneuerungen der maschinellen und elektrotechnischen Ausrüstungen stehen auf dem Plan – und all das unter Aufrechterhaltung der Abwasserreinigung und Schlammbehandlung  - denn die Reinigungsanforderungen gelten auch während dieser Zeit. Jahrelange intensive Planungen mit verschiedenen nationalen und europaweiten Ausschreibungen sind bereits durchgeführt worden und weitere Ausschreibungen sind in der Vorbereitung. Beim aktuellen Pressetermin mit Bürgermeistern der betroffenen Kommunen, dem Planungsbüro und weiteren Gemeindevertretern informierte Dipl.-Ing. Matthias Fink in seiner Funktion als Geschäftsführer des Kläranlagenbetriebsverbands Ems- und Wörsbachtal über den aktuellen Stand vor Ort. Coronabedingt verschob sich diese Vorstellung vom eigentlichen Baubeginn des ersten Bauabschnitts im Mai auf nunmehr September. Aber so konnten die Besucher schon die laufenden Arbeiten und ersten Umsetzungen in Augenschein nehmen. So gehört zum ersten Bauabschnitt die Sanierung des Zulaufpumpwerks, Sandfangs und Eindickers und deren Ausrüstung mit neuer Maschinentechnik. Die Rechenanlage und Schlammentwässerung werden vollständig neu gebaut und die zugehörigen Elektro- und Schaltanlagen ebenfalls komplett erneuert. Die Funktionalität wird während der bis Frühjahr 2021 geplanten Zeit durch aufwendige Provisorien aufrecht erhalten. Ein oberirdisches Pumpwerk mit Umgehungsleitung ist errichtet und eine Einrichtung zum Grobstoffrückhalt mit provisorischer Stromversorgung sind hierzu in Betrieb gegangen und sicherlich die derzeit augenfälligsten Installationen im Klärwerk. Die Sanierung des Sandfangs, der Eindicker, des Pumpwerks und der Neubau der Schlammentwässerung wurden ebenso begonnen, nicht zuletzt, um zügig voranzukommen und den Betriebsablauf der Kläranlage möglichst gut einzubeziehen – der Betrieb ist überwacht und die schnelle Reaktion bei Störungen durch Rufbereitschaft sichergestellt. Für Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik des ersten Bauabschnittes wurden Aufträge von insgesamt rund 5,7 Millionen Euro (einschl. 19% MwSt, ohne Baunebenkosten) vergeben.

Noch in 2020 werden die noch zu beauftragenden Arbeiten des zweiten Bauabschnittes beginnen. Hierbei wird dann die komplette biologische Reinigungsstufe mit Belebungsbecken und Nachklärbecken neu gebaut. Um ausreichend Platz für die neuen Bauwerke zu schaffen wird der Wirtschaftsweg entlang der Kläranlage weiter Richtung Osten verlegt und ein  komplett neuer Verfahrensschritt errichtet. Mit der neuen Klärschlamm-Faulung wird der entstehende Klärschlamm so behandelt, dass Faulgas gewonnen wird. Mit dem Ziel mindestens 70% des gesamten Energiebedarfs der Kläranlage gewinnen zu können, wird es in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt. 10 Millionen Investitionskosten werden für diese Arbeiten des zweiten Bauabschnitts veranlagt. Die Maschinen- und Elektrotechnik folgt nach und nach. Der Abwasserverband Goldener Grund wird hierbei – nach aktuellem Stand – rund 27.000.000 € investieren. 2,1 Millionen Euro gewährt das Land Hessen für die Phosphatelimination und der Bund beteiligt sich mit 500.000 € an der Verfahrensumstellung auf die Faulung, weil dadurch der Primärenergiebedarf und damit auch die Treibhausgasemissionen der Kläranlage ganz erheblich verringert werden. Für den Einsatz besonders energiesparender Maschinentechnik erhält der Abwasserverband vom Bund weitere knapp 260.000 € - die gesamte Baumaßnahme wird rund vier Jahre dauern. Die Förderungen der Bundesmittel gehören zur „Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundes“, hebt Fink bei seiner Vorstellung der Pläne vor. Der Bund initiiert und fördert seit 2008 damit zahlreiche Projekte, die bei der Senkung der Treibhausgasemissionen einen Beitrag leisten.

An der Ortsrandlage unterhalb der Berger Kirche gelegen leistet die Kläranlage seit nunmehr vier Jahrzehnten hervorragende Dienste mit ihrer engagierten Mannschaft, die Tag und Nacht dafür sorgt, dass rund 3.000.000m³ Abwasser aus der Region geklärt werden. Der Abwasserverband wurde 1973 gegründet und die Bemessungsgrundlage für die Einwohnergleichwerte liegt bei 38.000 – so dass die angeschlossenen 27 Entlastungsanlagen einen unverzichtbaren Dienst leisten für die Kommunen Brechen, Hünfelden, Villmar mit dem Ortsteil Weyer, Selters mit dem Ortsteil Münster und Weilmünster mit dem Ortsteil Wolfenhausen. Die Verbandsvorsteherin Bürgermeisterin Silvia Scheu-Menzer bedankte sich zusammen mit ihrem Stellvertreter Bürgermeister Frank Groos bei den planenden, durchführenden und den Betrieb weiterhin aufrecht erhaltenden Firmen und Mitarbeitern für ihren Einsatz und freut sich über eine Investition in die Zukunft für die nächsten guten drei Jahrzehnte – je nachdem, wie sich die Gesellschaft, Politik oder Umweltauflagen national und international entwickeln werden.

(Peter Ehrlich/FOTO-EHRLICH.de)