Titelbild Marktflecken Villmar

Baumstümpfe im Villmarer Forst werden zu Holzskulpturen

Mit der Kettensäge Holzskulpturen modelliert

Im Villmarer Forst grüßen Bären, Eulen und Rehe die Wanderer

Timo Semmler ist ein Künstler mit der Kettensäge. Aktuell hat er an Waldwegen am Galgenberg in Villmar zahlreiche stilvolle Holzskulpturen aus Baumstümpfen herausgesägt. Bär, Eule, Wildschwein, Reh oder Elch beleben etliche Schneisen im Forst und bereichern das Umfeld optisch.

Der Forstwirtschaftsmeister in Diensten der Gemeinde Villmar hat es bei seinen Kunstobjekten mit den Überresten toter Fichten zu tun. Nach Stürmen und den beiden Dürrejahren 2018 und 2019 sind zum Leidwesen von Revierförsterin Nadine Ströbele auch auf dem Galgenberg die meisten Fichten vom Borkenkäfer befallen worden und abgestorben. „Eine Katastrophe!“, sagt sie, „vor allem der ‚Buchdrucker‘ hat alles abgefressen.“ Er geht an das Stammholz, während der ‚Kupferstecher‘ Baumkronen befällt. „Fichten können Käfer ‚wegharzen‘, doch anhaltende Trockenphasen haben ihre Abwehrkräfte geschwächt“, erklärt Timo Semmler.

Gerade in Wegenähe und um aufkommender Verjüngung zu helfen, müssen die kranken und toten Bäume entfernt werden, bevor sie unkontrolliert abbrechen oder umstürzen. „Zwei Drittel des diesjährigen Einschlags sind Schadholz“, schätzt Nadine Ströbele. Der eingesetzte Harvester, eine schwere Waldmaschine, die Bäume fixiert, fällt, entastet und für den Abtransport ablegt, hat absichtlich einige Stümpfe stehen lassen. „Das haben Wanderer häufig kritisiert, jetzt schmunzeln sie über die Holzskulpturen und kommen darüber mit uns ins Gespräch“, sagt die Försterin. „Wir erklären dann die Zusammenhänge, auch, dass wir ‚Habitatbäume‘ stehen lassen, weil sie oft Heimat für Insekten, Specht oder Kauz geworden sind.“
Zur weiteren Waldpflege gehört jetzt auch, dass aufgeforstet wird. Weg von den Monokulturen ist das Ziel, mit Mischkulturen aus Buchen und robusten Douglasien zum Beispiel wird künftig experimentiert. Im Moment aber ist die Holzernte vorrangig, mehr als je zuvor. Zusätzliche ‚Rückgassen‘ muss der Fortwirtschaftsmeister anlegen. Aber es bleibt auch mal eine Stunde Zeit, um die Baumstümpfe an den Wanderwegen in Tierfiguren zu verwandeln. Timo Semmler hat schon in seiner Ausbildungszeit zum Forstwirt im zentralen Forstlichen Bildungszentrum von ‚Hessenforst‘ in Weilburg sein Talent im Umgang mit der Motorsäge erkannt und so sind Holzschnitzereien zum Hobby geworden.

Ein Schnitzkurs bei einem Profi aus Südhessen, ein Geschenk der Freundin zum Geburtstag, half, das nötige Feingefühl zu verbessern und kreative Ideen zu entwickeln. So stehen heute filigrane Holzskulpturen in seinem Garten, darunter Pilze, Bären und Eulen und ein imposanter Adler, an denen er schon mal bis zu acht Stunden gefeilt hat. Am Ende kommt für die letzten Feinheiten die leichtere „Carving-Schiene‘ mit kleinem Radius an der Schwertspitze und einem rückschlagsarmen Schnitzsägeblatt zum Einsatz. Auch kleine Geschenke aus Holz modelliert er inzwischen und stößt damit bei Freunden auf Begeisterung.
Timo Semmler arbeitet im Forst oft nach Zeichnungen und Schablonen, die der Villmarer Raimund Dill entwirft, ‚sieht‘ dann aber auch bereits die fertige Figur im Holz und legt los. Weitere Tricks und Anregungen holt er sich aus Büchern wie „Schnitzen mit der Kettensäge“. Die fertige Skulptur wird noch mit atmungsaktiver Holzlasur und speziellem Wachs vor Austrocknung und Verwitterung geschützt. Als Forstwirtschaftsmeister wird er künftig auch einen Auszubildenden zum Forstwirt, den die Gemeinde Villmar eingestellt hat, gemeinsam mit einem Kollegen betreuen.. Auch stehen wieder Kettensäge-Kurse für die Feuerwehr an. Dabei geht es allerdings nicht um Kunst, sondern um die Fertigkeiten, Unwetterschäden durch umgestürzte Bäume schnell und sicher zu beheben.
 
Fotos und Text: Jürgen Weil